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alleine mit Genuss

Einsam oder alleine! Das sind für mich zwei verschiedene Zustände. Fangen wir mit dem positiven an: Nach einem anstrengenden Tag kann es ganz erholsam sein, Zeit alleine zu verbringen. Ein Spaziergang am Strand, den man für sich hat: herrlich. Zeit für sich zu haben kann recht luxuriös sein.

Die Menschen unterscheiden sich, in welchem Ausmaß sie Kontakt zu anderen brauchen; manche sind gerne andauernd mit anderen zusammen, andere wählen die Momente sorgfältig aus. Mitunter ist es für die hoch-kontaktfreudigen schwer auszuhalten, jemanden alleine zu sehen, der aber ganz gerne für sich ist. Alleine zu sein kennzeichnet also häufig einen angenehmen Zustand.

Ist doch schade drum

Schauen wir auf die Einsamkeit: Jemand hat zu wenig Kontakte, keinen Partner, keine Gemeinschaft (Familie, Freunde, Verein etc.). Oder: Jemand ist in einer Großstadt, im Job ständig unter vielen Menschen – und doch einsam.

Andererseits: Von einem eher spirituellen Standpunkt aus besteht grundsätzlich eine Verbindung zwischen allen Menschen. (Ich stelle mir dabei vor, alle Lebewesen sind aus einem Urknall entstanden.) Dieses verbunden Sein im Menschlichen spürt man recht gut, wenn man besondere Erfahrungen gemacht hat und feststellt, es gibt viele andere Menschen, denen es genauso geht. Oder es ist einem etwas Schreckliches widerfahren und eine Welle der Hilfsbereitschaft kommt auf einen zu. Eine Geburt oder eine Beerdigung können für uns Momente sein, in denen wir eine tiefe Verbundenheit mit anderen spüren.

trauriger Gorilla?
Auch traurig?

Im Alltag ist diese Verbundenheit mit allen oft nicht zu spüren. Was kann man also tun, um aus der Einsamkeit heraus zu kommen? Wenn Gemeinschaft und Zusammensein gewünscht sind, dann kann man sich so verhalten. Man wechselt ein paar Sätze mit jemandem oder geht mit einer kleinen Bemerkung auf einen anderen Menschen zu. Man kann z.B. in einem öffentlichen Verkehrsmittel oder beim Warten mit anderen Menschen eine Bemerkung machen (fast so, als würde man es sich selber sagen). Vielleicht antwortet jemand und man kommt in ein Gespräch. Das mag banal erscheinen, aber damit wird ein erstes Signal gesetzt: Ich bin offen und gesprächsbereit. Umgekehrt ist es ebenso wichtig, eine bestehende Verbindung nicht abzubrechen, wenn man Gemeinschaft sucht, selbst wenn diese Verbindung nur ein kleiner Moment ist, den man zusammen verbringt. Man zeigt sich und der Welt: Ich bin offen für Kontakte.

Stehe ich mir selber im Weg?

Hier sei als Beispiel eine kleine Episode genannt, die mir kürzlich passierte: Bei einem Treffen erwähnte jemand, wie wichtig er Gemeinschaft findet, und dass es sie zu wenig gäbe heutzutage. Nach dem Treffen gehe ich mit ihm noch ein Stück und fahre einige Stationen U-Bahn. Beim nächsten Treffen sage ich am Schluss zu ihm: Heute fahre ich nicht U-Bahn, aber wir können zusammen runter gehen. Er wartet mit mir einen Moment, während ich mich von einer anderen Person verabschiede. Dann geht er wortlos. Kein Drama, aber verbindender wäre ein kleiner Abschiedsgruß gewesen, eine Frage an mich, irgendetwas, das die Verbindung aufrechterhält.

alleine auf Reisen
Ein Optimist auf Reisen

Leider verbauen einem mitunter die eigenen Annahmen oder Gewohnheiten den Weg zur Gemeinsamkeit. Eine Annahme kann sein: „Ich bin eh nicht beliebt.“ Oder „Die anderen haben kein Interesse an mir/meinen Ideen.“ Oder „Ich bin selbständig, unabhängig und brauche niemanden.“ Oder „Die anderen sollen den ersten Schritt machen.“

Und ein Beispiel für eine Gewohnheit kann sein: Man geht alleine zur Mittagspause, weil man das meistens so macht. Oder man spricht niemanden an, weil man gelernt hat, nicht zu stören. Oder man wartet darauf, dass man angesprochen wird. Vielleicht sind wir auch wählerisch: Den mag ich nicht, der hat etwas Kritisches zu mir gesagt. Sie ist immer so albern, das ist mir zu blöd. Ja, Menschen sind nicht perfekt.

Leider bremsen wir uns selber mit diesen Annahmen, den Gewohnheiten und mit wählerischem Verhalten auf dem Weg zu mehr Kontakt zu anderen Menschen. Man ist nicht immer in top Stimmung, manchmal läuft einfach alles schief. Das sieht man uns dann auch an. So ist es manchmal. Aber auf Dauer gesehen geht es mir hier um die Botschaft, den Momenten mit anderen Menschen mit Bewusstsein und Achtsamkeit zu begegnen.

Einsam unter Vielen

Das Gefühl der Einsamkeit entsteht auch, wenn man zwar viele Kontakte hat, sich aber nicht gesehen oder verstanden fühlt. Das ist besonders schmerzhaft, weil es so widersprüchlich ist: Man ist objektiv gar nicht alleine – aber empfindet es so.

zusammen und doch einsam
Unter vielen Menschen einsam

Es geht also darum zu lernen, sichtbar zu werden und sich verständlich zu machen für andere. Eine Veränderung beginnt mit einer neuen Wahrnehmung. Ich beobachte mich:

  • Wann bleibe ich unsichtbar für die Anderen?
  • Und wie genau mache ich das?

Es braucht Verständnis für einen selber, eine liebevoll-ehrliche Wahrnehmung des eigenen Verhaltens. Dann schaue ich auf die anderen:

  • Warum verstehen sie mich nicht?
  • Was macht es ihnen schwierig?

Um mich anderen verständlich zu machen, ist es gut, mein Verhalten zu erklären. Vielleicht fällt mir eine Metapher für mein Verhalten ein, ein Bild, ein Gleichnis, das den anderen hilft, mich zu verstehen.

Zu guter Letzt

Alleine sein kann sehr luxuriös sein. Einsamkeit dagegen ist nicht erwünscht und es mag helfen, sich das Verbunden sein aller Menschen vorzustellen und danach auch zu handeln. Das ist nicht einfach; es war auch nicht einfach, diesen Artikel zu schreiben. Ich habe den Text x-mal verändert und finde nun, es genügt eigentlich nicht, was hier steht. Es kann aber ein Anfang sein.

Starten Sie doch mit einer kleinen Übung im Alltag und beobachten Sie die Menschen in einer Alltagssituation. Wer wirkt offen und freundlich, wer wirkt nicht gesprächsbereit? Und wenn Sie in den Spiegel schauen, was sehen Sie dann? Begegnen Sie sich und anderen mit Wohlwollen, Verständnis und Mitgefühl. Wir sitzen alle im gleichen Boot.

Dr. Beate Klutmann

mal in Ruhe ausspannen

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